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Babies mit Blutschwämmchen (Hämangiom): wird der Schlaf durch die Betablocker Behandlung wirklich gestört?

Text: Sarah Schoch

Etwa 3 – 5% aller Säuglinge entwickeln Blutschwämmchen (Hämangiome) im Laufe des ersten Lebensjahres. Die Standardbehandlung ist die Verabreichung von Betablockern (Propranolol). In früheren Studien gab es Hinweise darauf, dass Säuglinge mit Propranolol-Behandlung mehr Schlafprobleme hatten. Schlafprobleme sind auch der häufigste Grund weshalb die Behandlung abgebrochen wird. Allerdings hatten sich bisherige Studien nur auf Elternberichte verlassen und keine objektiven Schlafdaten der Kinder analysiert.

Deshalb hat die Forschungsgruppe mit Dr. Martin Theiler und Kollegen an der Dermatologie des Kinderspital Zürich in Zusammenarbeit mit uns Schlafdaten von 54 Babies, die mit Propranolol behandelt wurden, gesammelt. Der Babyschlaf wurde mit den gleichen Methoden und dem gleichen Protokoll gemessen, wie wir sie im Baby Schlaflabor verwenden. Dies ermöglichte, die Schlafentwicklung der Babys mit Behandlung mit den Babys ohne Behandlung zu vergleichen. 54 Babies unserer deutschsprachigen Kohorte wurden als Vergleichsgruppe ausgewählt, die gemäß Alter und Geschlecht der Babys vom Kinderspital möglichst ähnlich waren.

Im Alter von 3 Monaten sahen wir keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Mit 6 Monaten war die Schlafeffizienz (wie viel Zeit im Bett tatsächlich geschlafen wird) bei den Babies mit Propranolol-Behandlung leicht niedriger (durchschnittlich 90% vs 92%). Dieser fehlende Schlaf wurde aber tagsüber aufgeholt, so dass die Gesamtschlafdauer summiert über 24 h nicht signifikant betroffen war. Die längste Wachperiode (tagsüber) war signifikant kürzer bei den Babies mit Behandlung (durchschnittlich 3 h 13 min vs 3 h 40 min). Die meisten Babies mit Behandlung lagen im Spektrum der normalen Schlafentwicklung. Von den Babies die deutlich außerhalb des Normbereichs lagen, wurde bei dreien die Behandlung wegen Schlafproblemen abgebrochen. Diese wurden mit einem anderen Medikament behandelt, wobei sich eine Verbesserung der Schlafprobleme zeigte.

Interessanterweise war die elterliche Einschätzung des Babyschlafes zwischen den Gruppen nicht unterschiedlich. Auch unterschieden sich die Schlafqualität der Eltern und die Verhaltensentwicklung nicht signifikant.

Propranolol scheint deshalb für die meisten Babys eine sichere Behandlungsmöglichkeit mit lediglich begrenztem Einfluss auf objektiv gemessenen Schlaf zu sein. Es lohnt sich bei solchen Behandlungen aber ein Auge auf den Schlaf zu haben, um allfällige Veränderungen frühzeitig zu bemerken.

QUELLE
Theiler, M., Knöpfel, N., von der Heydt, S., Schwieger-Briel, A., Luchsinger, I., Smith, A., … & Kurth, S. (2021). Sleep behavior of infants with infantile hemangioma treated with propranolol—a cohort study. European Journal of Pediatrics, 1-14. https://doi.org/10.1007/s00431-021-04147-3

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