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Aufruf zu standardisierten Methoden: Schlafmessungen in jungen Kindern in ihrer natürlichen Umgebung

Text von Sarah Schoch, Salome Kurth, Helene Werner

Ein Ziel der Wissenschaft ist die Generalisierung von neuen Erkenntnissen, die über pure Studienresultate hinausgeht. Wissen wird schrittweise gebildet indem neue Studien entstehen und dadurch, dass die Resultate verschiedener Studien miteinander im Quervergleich stehen. Dieser Prozess zeigt ob Erkenntnisse auch in unterschiedlichen Populationen und Gruppen von Teilnehmern immer noch standhalten. Ein Fundament dieses Prozesses ist, dass Studien insgesamt vergleichbar und reproduzierbar sind.

Forscher am UniversitätsSpital Zürich, am Universitäts-Kinderspital Zürich und an der Universität Fribourg haben eine neue Studie im «Journal of Sleep Research» publiziert. Getestet wurde dabei die Vergleichbarkeit der Forschung am Beispiel von Studien zum Schlaf von Babys und Kindern in ihrer natürlichen Umgebung. Publizierte Artikel der letzten 8 Jahre wurden dabei ausgewertet, insbesondere in Bezug auf ihr Studiendesign und die methodologischen Details, welche für die Reproduzierbarkeit relevant sind.

Schlaf von jungen Kindern wird klassisch mit Bewegungssensoren (Aktigraphen oder Aktimeter) gemessen, ganz ähnlich wie kommerzielle Fitness-Tracker. Von dem Muster Bewegung/Inaktivität wird das Schlaf/Wach Verhalten berechnet und so in die entsprechende Forschungsfrage integriert. Die Vorteile der Aktigraphie sind einerseits ihre einfache Benutzung und andererseits, dass überall – in der natürlichen Schlafumgebung – und während einer langen Zeit gemessen werden kann. Diese Vorteile machen die Aktimetrie attraktiv für Untersuchungen unterschiedlicher Art. Jedoch ist der Einsatz von unterschiedlichen Geräten und verschiedenen Berechnungsmethoden ein Hindernis für die Vergleichbarkeit von Studien. Aber genau diese Vergleichbarkeit ist essenziell um grundlegendes Wissen zu generieren – beispielsweise im Bezug auf die Forschung danach welche Art und Weise des Schlafs für Kinder gesund ist.

Konkret hat die Untersuchung gezeigt, dass insbesondere der Tagesschlaf aktuell zuwenig untersucht ist und damit eine Forschungslücke darstellt. Obwohl Tagesschläfchen 20 % vom Gesamtschlaf von Babys ausmachen, haben 45 % der Schlafstudien den Tagesschlaf nicht ausgewertet. Die Beschreibung vom Gerätemodell, Platzierung am Körper und die Anwendung eines Schlaftagebuch war gut, aber hingegen war ungenügend Information vorhanden bezüglich Aufzeichnung der Epochenlänge, Algorithmus für die Analyse, Artefakterkennung, Datenverlust und Definition der analysierten Variablen.

Eine standardisierte Beschreibung von Methoden ist der Schlüssel für Big Data Vorgehensweisen. Nur Synergien von Datenbanken ermöglichen die Mustererkennung auf einer globalen Ebene – nicht nur im Schlaf, sondern auch in anderen noch ungenügend erforschten Mysterien.

Quelle:
Actigraphy in sleep research with infants and young children: Current practices and future benefits of standardized reporting, Schoch S, Kurth S, Werner H, Journal of Sleep Research
Publiziert: 8. Juli 2020

Ermöglicht durch:
Diese Untersuchung wurde unterstützt durch die Universität Zürich (Clinical Research Priority Program “Sleep and Health” und Forschungskredit FK‐18‐047), die Medizinische Fakultät der Universität Zürich, die Stiftung für Wissenschaftliche Forschung an der Universität Zürich (STWF-17-008) und durch den Schweizerischen Nationalfonds (PCEFP1‐181279; P0ZHP1‐178697).

Verdankung:
Wir bedanken uns bei Fiona Pugin und Maya Ringli für Ihr Engagement in der Entwerfung des Studiendesigns. Wir bedanken uns bei den Experten für mündliche oder schriftliche Beiträge zum Thema: Annie Bernier, Mona El-Sheikh, Caroline Guyer, Wendy Hall, Hideya Kodama, Monique LeBourgeois, Beth Malow, Isabel Morales-Muñoz, Thomas Penzel, Franziska Ryser, Anat Scher, Amy Schwichtenberger, Ron Seifer, Rebecca Spencer, Liat Tikotzky, Brain Vaughn, Jussi Virkkala und Eva Winnebeck. Wir danken den Studenten des Biomedizin Kurses BME348 der Universität Zürich (Using Actigraphy in Sleep Research; 2017) für die Teilnahme an der systematischen Literaturrecherche.

Photo von Danijel Durkovic auf Unsplash