Von Sarah Schoch
Um in unseren Studien Schlaf zu untersuchen, müssen wir zuerst wissen, was Schlaf genau ist und wie wir ihn am besten messen können.
Schlaf kann auf zwei Arten definiert werden, entweder über das Verhalten oder über die Aktivität des Gehirns. Obwohl bei Menschen die Schlafmessung über die Gehirnaktivität der Goldstandard ist, gibt es dabei auch Nachteile. Diese Messungen passieren meist im Labor, oder sind auf kurze Abschnitte (Mittagsschläfchen, einzelne Nächte) beschränkt. Deshalb sind ergänzend Studien wichtig, die über längere Zeit und in der natürlichen Schlafumgebung stattfinden können.
Besonders bei Babys, die jeden Tag sehr unterschiedlich schlafen, ist es wichtig, Schlaf über mehrere Tage zu messen.
Für diese Messungen werden meist Bewegungssensoren (auch Aktimeter genannt) eingesetzt, die am Hand- oder Fussgelenk getragen werden. Diese messen Bewegung in ähnlicher Weise wie auch kommerzielle Fitnesstracker. Für die Schlafforschung wenden wir eine Berechnung (Algorithmus) an, und schätzen aus der Bewegung, ob das Baby wach oder am Schlafen ist. Dabei wird aber nicht nur die Aktivität pro Minute berücksichtigt, sondern – je nach Algorithmus – auch andere Informationen, wie zum Beispiel ob die Aktivität in einem etwas grösseren Zeitfenster konstant bleibt.
Eine Herausforderung in der Schlafforschung mit Bewegungssensoren ist, dass es viele unterschiedliche Sensoren und Algorithmen gibt.
Bisher ist aber nicht viel dazu bekannt, wie vergleichbar diese Daten sind. Dies könnte problematisch sein, wenn ein Algorithmus zum Beispiel viel schneller wach anzeigt als ein anderer. Um diese Fragestellung zu beantworten, haben wir Bewegungssensordaten von 50 Babys im Alter von 3, 6 und 12 Monaten untersucht. Wir haben 2 Algorithmen angewendet, die häufig in diesem Alter gebraucht werden (Sadeh und Oakley). Wir haben verglichen, wie ähnlich die Schlafschätzung dieser zwei Algorithmen für verschiedene Schlafvariablen ist, wie z.B. die Gesamtschlafdauer oder die Häufigkeit von nächtlichem Erwachen. Dabei haben wir herausgefunden, dass die Übereinstimmung der zwei Algorithmen moderat war (zwischen 77% – 84%), sich diese Unterschiede aber sehr stark auf die geschätzte Schlafdauer auswirkten. Das heisst durch die verschiedenen Berechnungsmöglichkeiten kann eine Unschärfe von 4 Stunden in der täglichen Schlafdauer entstehen!
Diese Unterschiede machen es schwierig, Daten von verschiedenen Studien zu vergleichen. Zudem erschwert dies die Definition von Normwerten für «gesunde Schlafdauer». Allerdings gibt es Möglichkeiten, diesem entgegen zu wirken.
So gab es schon verschiedene publizierte Ansätze, die die Genauigkeit der Algorithmen verbessert.
Zum Beispiel gibt es grosse Unterschiede wie viel sich ein Kind im Wachzustand bewegt. Eine Möglichkeit ist bei jedem Kind diese individuelle Schwelle für die Schlaf/Wach Entscheidung einzuschliessen. Wir konnten zeigen, dass mit 6 konkreten Anpassungsschritten die Zuverlässigkeit der Messung stark erhöht wird, und die Unterschiede zwischen den Algorithmen minimiert wird (96 – 97% Übereinstimmung). Dies führt dazu, dass die Unterschiede in der geschätzte Schlafdauer sich auf nur noch 10 Minuten reduziert. Diese angepassten Algorithmen stimmen schliesslich auch besser mit dem überein, was die Eltern in einem Schlaftagebuch ihres Babys berichten.
Diese Arbeit ist ein wichtiger Grundstein für die zukünftige Forschung mit Bewegungssensoren, um die Ergebnisse von verschiedenen Studien vergleichen zu können. Wir können nun den Schlaf von Babys genauer messen und als nächstes untersuchen was «normaler Schlaf» im ersten Lebensjahr überhaupt bedeutet.
Die Original-Publikation dazu gibt es hier:
Schoch, S. F., Jenni, O. G., Kohler, M., & Kurth, S. (2019). Actimetry in infant sleep research: an approach to facilitate comparability. Sleep, 42(7), zsz083.